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RFM-Scoring: Einstieg in das Scoring im Bestandskundenbereich

Um Kunden optimal nach ihren Bedürfnissen anzusprechen und das Werbebudget besser zu steuern, stehen Marketer und Analysten vor der Herausforderung, ihre Kunden zu bewerten. Hierfür werden klassischerweise historische Daten hinzugezogen, um das Verhalten in der Zukunft zu bewerten. Zum Einstieg in das Thema Scoring eignet es sich, mit RFM-Segmentierungen zu starten.

Kundenscoring Scoring

RFM steht für “Recency, Frequency, Monetary”, es werden also Variablen genutzt, die den Kunden in seiner Aktualität (wie Letztkauf), seiner (Kauf-)Frequenz und anhand seiner Umsätze bewerten. Für diese Segmentierung reicht also ein relativ kleiner Satz von Daten. Diese Variablen beschreiben aber schon einen großen Teil des Kundenverhaltens. Liegen die Daten für eine solche Segmentierung vor, ist der Weg zu einem ersten Score, z.B. durch Regression, nicht weit.

Der Start zu einer optimierten Steuerung ist denkbar einfach, denn die Einteilung der eigenen Stammkunden z.B. nach Umsatzklassen liegt auf der Hand. Für eine grobe Abschätzung einer Kundengüte reicht dieser Ansatz aus.

Zweidimensionale Segmentierung

Für eine etwas feinere Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Kunden nach mehr als einem Merkmal, kann eine klassische Segmentierung nach Umsatz und Letztkauf erstellt werden. Dazu werden die Kunden in 3 oder mehr Umsatzklassen und Letztkauf-Klassen eingeteilt. Diese werden dann entsprechend in ein Gitter aufgetragen, und in 9 bzw. mehr Klassen eingeteilt. Für den Umsatz kann entweder der historische Umsatz herangezogen werden oder auch der Umsatz eines Jahres oder einer Saison. Welcher Ansatz der passende ist, variiert je nach Einsatz der Segmentierung.

2d Kundenscoring Scoring

Die Zahlen beschreiben die Lage der Quadrate von großem Umsatz und aktuellem Letztkauf (1,1) bis zu wenig Umsatz und lange zurückliegendem Letztkauf (3,3).

Die Klassen lassen sich nun, je nach Bedarf, in Gruppen zusammenfassen oder mit einem Scorewert bewerten, z.B. durch die Summe der beiden Koordinaten.

In diesem Ansatz werden die Dimensionen Recency und Monetary kombiniert. Um die Einteilung noch zu verfeinern, kann diese um eine weitere Dimension erweitert werden. Für den nächsten Schritt wählt man nun die Frequency-Dimension, also die Anzahl Aufträge, und erhält eine Segmentierung in drei Dimensionen.

RFM-Scoring als dreidimensionaler Ansatz

Der nächste Schritt ist also eine dreidimensionale Segmentierung, die Kunden zusätzlich nach ihrem Kaufverhalten einteilt. Jetzt lassen sich die einzelnen Klassen unterschiedlich bewerben und liefern eine Grundlage zur Budgetsteuerung. Je nach Art der Verwendung werden unterschiedliche Klassen zusammengefasst. Auch hier kann auf historische oder saisonale Daten zurückgegriffen werden.

3d Kundenscoring Scoring

Die Zahlen beschreiben die Lage der Würfel in der Reihenfolge (Umsatz, # Käufe, Letztkauf) bei einer Einteilung in 3 Klassen je Dimension. In Klasse (1, 1, 1) sind die Kunden mit dem höchsten Umsatz, den meisten Käufen und den aktuellsten Letztkauf.

Für das RFM-Scoring kann, wie zuvor auch, den einzelnen Klassen ein Scorewert zugeordnet werden, um eine Rangfolge festzulegen, der sich aus der Positionierung der Kunden im Raster ableitet.

Für die unterschiedlichen Klassen lassen sich verschiedene Ansätze wählen. Dazu gehören Treueprogramme für Kunden mit niedrigen Werten in allen drei Dimensionen oder Reaktivierungsansätze für Kunden mit schlechten Werten im Letztkauf.

Diese Einteilung ist allerdings nicht geeignet für die Steuerung aller Bestandskunden, denn er differenziert nicht gut für neue oder inaktive Kunden. Neukunden haben per Definition nicht viele Käufe und entsprechend keinen großen Umsatz, ohne dadurch schlechte Kunden zu sein. Für die Reaktivierung ist der Ansatz nicht ideal, da sich mit der Zeit viele inaktive Kunden in den schlechten Klassen ansammeln. Auch werden weitere wertvolle Facetten der Kunden nicht genutzt, da für unterschiedliche Kundenqualitäten unterschiedlich viele und gute Informationen vorliegen.

Bestandskunden-Scoring nach Kundensegmenten

Um die unterschiedlichen Informationen für verschiedene Kundengruppen besser nutzen zu können, bietet sich der Übergang von einer Segmentierung zum Scoring an. Dabei gibt es verschiedene Verfahren. Sehr einfach ist die Arbeit mit einer Regression, da der Ansatz gut verständlich ist und es in vielen Tools und Programmiersprachen schon das passende Werkzeug zur Erstellung gibt. Die Modelle lassen sich außerdem auch bei Bedarf gut erweitern und anpassen.

Für das Scoring sollten genügend Daten in einer gewissen Qualität vorliegen. Die Datenaufbereitung benötigt für die ersten Scores entsprechend einen großen Teil der Zeit und Aufmerksamkeit.

Üblicherweise werden Neukunden, Stammkunden und inaktive Kunden unterschiedlich beworben. Es liegt auf der Hand, für diese drei Gruppen getrennte Scores zu erstellen. Je nach Geschäftsmodell unterscheidet sich die Einteilung durch unterschiedliche Customer Life Cycles.

Entscheidet man sich für den Ansatz, für jede Gruppe einen eigenen Score zu erstellen, kann darauf eingegangen werden, welche Informationen jeweils vorliegen. Im Nachfolgenden wird das Vorgehen in den unterschiedlichen Kundengruppen aufgezeigt.

Stammkunden

Für Stammkunden stellt ein Scoring einen Quick Win dar, da für diese Kunden reichlich Daten vorhanden sind. Die meisten Unternehmen neigen dazu, für Bestkunden zu viel Budget auszugeben, obwohl diese auch ohne viele Anreize immer wieder kommen. Wer auf der Strecke bleibt, sind diejenigen Kunden, die zu Bestkunden entwickelt werden können, bei fehlender Investition aber schnell inaktiv werden. Durch einen Stammkundenscore lassen sich die Bestkunden von den schwächeren Kunden unterscheiden und die Budgets entsprechend verteilen.

Vor dem Scoring muss entschieden werden, nach welcher Zielvariablen gesteuert werden soll. So sind Aktivität, Umsatz aber auch Deckungsbeitrag mögliche strategische Ansatzpunkte für die Steuerung.

Typische Attribute, die sich für ein Scoring dieser Kunden anbieten, sind das Datum des Eintritts, das Letztkaufdatum, die historische Anzahl der Käufe oder Umsätze und auch daraus berechnete Kennzeichen wie die Anzahl Aufträge pro Jahr, also verschiedene Merkmale des RFM-Spektrums. Diese Variablen bilden eine stabile Basis, die sich nun durch weitere Daten wie Geschlecht, Alter oder andere soziodemographische Merkmale, die die Zielgruppe beschreiben, anreichern lassen. Durch die größere Anzahl der Käufe lassen sich auch weitere interessante Eigenschaften des Kaufverhalten abbilden. Zum Beispiel die Umsätze nach Warengruppen oder auch das Retourenverhalten. Je nach Zielvariable und Geschäftsmodell erhalten diese Attribute ein anderes Gewicht.

Neukunden

Das Scoring für Neukunden gestaltet sich schwieriger, da für neue Kunden nicht so viele Transaktionen und sonstige Informationen vorliegen. Hier muss es genügen, sich auf den ersten Kauf bzw. die ersten Käufe zu konzentrieren. Es bietet sich also an, den Umsatz des ersten Auftrags und die Anzahl der Artikel zu betrachten. Häufig unterscheidet sich das Folgeverhalten auch durch die gekauften Warengruppen im Erstauftrag.

Für Neukunden kann auch der Kanal entscheidend sein, durch den der Kunde gekommen ist, und welche Anreize er erhalten hat. Für manche Branchen spielt auch Saisonalität eine Rolle. Zusätzlich können auch hier Retourenverhalten und Zielgruppen-Variablen eingebracht werden, sofern diese Daten vorliegen.

Typische Zielvariablen für das Scoring sind Aktivität, da ein zweiter Kauf für die Akquise ein wichtiges Kennzeichen ist, oder auch der CLV, um gleich in die vielversprechendsten Kunden zu investieren.

Reaktivierung

Die Reaktivierung von Kunden ist um ein Vielfaches günstiger als die Gewinnung von Neukunden. Für das Scoring muss sichergestellt werden, dass die Menge der betrachteten Kunden groß genug ist. Ein klassisches Ziel ist hier ganz klar die Aktivität.

Kundenattribute, die sich für ein Reaktivierungs-Scoring anbieten, sind die Länge der Inaktivität, die Länge der Kundenbeziehung, der historische Umsatz und die Anzahl der Aufträge in der aktiven Zeit. Je enger das Verhältnis des Kunden in der Vergangenheit war, desto besser lässt er sich wieder reaktivieren. Die bevorzugten Warengruppen können das Bild abrunden.

Natürlich können auch hier soziodemographische Merkmale genutzt werden, die für langjährige Kunden vorliegen. Hierbei wird auch sichergestellt, dass die Kunden noch auf die aktuelle Zielgruppe passen.

Die Reaktivierung von Kunden ist ein selteneres Ereignis als der Kauf eines aktiven Kunden. Deshalb ist es wichtig, beim Scoring den Bestand sorgfältig zu erstellen, um genügend Trainingsdaten zu haben. Durch Over- oder Undersampling kann hier nachgeholfen werden.

Praktischer Einstieg ins Scoring

Wer ohne großen Aufwand eine Bewertung seiner Kunden vornehmen möchte, um z.B. einen Cut-Off für ein Werbemittel zu setzen, kann sich mit einer Sortierung nach Umsatz behelfen. Hier kann der Schwerpunkt auf historischem Umsatz, einem Umsatz in den letzten Perioden oder auch einem gewichteten Umsatz liegen, der weiter zurückliegende Käufe geringer gewichtet als aktuelle und so schon eine Wertung nach Aktualität vornimmt.  

Ist es gelungen, Kundenumsätze über Zeiträume zu verdichten, ist es leicht möglich, dies auch für mehr Dimensionen zu tun. Die weiteren Informationen zu Kundenkäufen liegen üblicherweise in einem System vor und müssen nicht erst zusammengetragen werden. Um Variablen über bestimmte Zeiträume zu definieren ist etwas Arbeit nötig, es wird aber für ein RFM-Scoring nur eine geringe Auswahl an Variablen benötigt. Darüber hinaus bietet die Verteilung der Kunden über die Merkmale hinweg schon einen guten Einblick in den eigenen Kundenstamm und erlaubt Rückschlüsse auf ein sinnvolles Vorgehen. 

Für ein gezielteres Scoring muss dann der schmerzhafte Schritt getan werden, Daten aus verschiedenen Systemen zusammenzutragen. Häufig ist die Erstellung eines geeigneten Bestandes aus verschiedenen Datenquellen schwierig, und verhindert den Einstieg. Dafür bietet es Vorteile, die Bestandskunden in den Gruppen Neukunden, Stammkunden und Reaktivierung getrennt anzugehen und zu steuern. Das Scoring prognostiziert die Kaufwahrscheinlichkeit oder den erwarteten Umsatz des betrachteten Kunden in der Zukunft und liefert so eine Entscheidungsgrundlage, welche Kunden mit welchen Mitteln angegangen werden sollen. 

Ist die Hürde der Bestandserstellung erst einmal genommen, sind die Möglichkeiten, das Thema Scoring fortzusetzen, vielfältig. Neben dem Bestandskundenscoring umfassen sie die Art des Einsatzes, wie z.B. bestimmte Werbemittel- oder Sortiments-Scores und Incentive-Steuerung, aber auch die Wahl des Vorgehens, seien es jetzt Regressionen, Entscheidungsbäume oder neuronale Netze. 

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